Gründung und Entwicklung der Ortsgemeinde Steuerberg

von Wilhelm Wadl

dem Buch “Steuerberg” entnommen

(Hrsg. Wilhelm Wadl, Verlag Johannes Heyn, 2001)

Das Gemeindegesetz vom 17. März 1849

Eine beschränkte Form kommunaler Selbstverwaltung hatte es in Österreich vor der Grundentlastung und Bauernbefreiung des Jahres 1848 nur in den Städten und Märkten gegeben.

Erst das Gemeindegesetz vom 17. März 1849 schuf dann überall die rechtliche Grundlage für die Bildung politischer Ortsgemeinden.

Den Ausgangspunkt hierfür sollten die Katastralgemeinden bilden, doch ging man dabei in Kärnten sehr uneinheitlich vor und schuf v. a. in Oberkärnten sehr große Gemeinden.

So hatte z. B. die Gemeinde Feldkirchen, der auch der Steuerberger Raum zugeschlagen wurde, im Jahre 1849 eine Fläche von fast 60 km2 und ca. 4500 Einwohner. Politisch dominierten in ihr die Bürger des Marktes. Die Landbevölkerung war bald unzufrieden und strebte nach Lostrennung.

Das Kärntner Gemeindegesetz 1864

Die rechtliche Möglichkeit hierzu bot erst das Kärntner Gemeindegesetz des Jahres 1864.

Schon im Mai 1864 sprachen sich die Wahlmänner der Katastralgemeinden Wabl, Alt- und Neusteuerberg einstimmig, jene von Wachsenberg mehrheitlich für die Lostrennung von Feldkirchen aus. Der Feldkirchner Gemeinderat stimmte diesem Trennungsbegehren zu.

Am 27. November 1865 befaßte sich der Kärntner Landtag mit den Wünschen der Steuerberger und faßte einen positiven Beschluß, dem Kaiser Franz Joseph am 11. März 1866 zustimmte und der am 21. März 1866 im Landesgesetzblatt kundgemacht und damit rechtskräftig wurde.

Die ersten Gemeinderatswahlen

Die ersten Gemeinderatswahlen wurden Ende Juli/Anfang August 1866 abgehalten. Sie wurden - wie alle weiteren Kommunalwahlen in der Zeit der Monarchie - öffentlich und nach dem sogenannten Dreiklassenwahlrecht durchgeführt.

Dabei waren nur jene Personen wahlberechtigt, welche direkte Steuern (Grund- oder Gewerbesteuer) bezahlten. Die Wahlberechtigten wurden nach der Höhe ihrer Steuerleistung in die Wählerliste eingetragen.

Die vermögenderen Steuerzahler wurden dadurch bevorzugt, daß man die gesamte Steuerleistung aller Gemeindeangehörigen in drei Drittel teilte und den Angehörigen dieser drei Steuerklassen je ein Drittel der Gemeinderatsmandate zusprach.

Das Wahlrecht

Das Wahlrecht war bis zum Ersten Weltkrieg ein reines Persönlichkeits-wahlrecht, d. h. es gab keine Parteienlisten, sondern jeder Wähler mußte persönlich oder durch einen Bevollmächtigten jene Personen benennen, die er als Gemeinderäte haben wollte. Alle drei Jahre wurden ein Teil des Gemeinderates, der Gemeindevorstand und der Bürgermeister neu gewählt.

Der erste Bürgermeister

Zum ersten Bürgermeister der neukonstituierten Gemeinde Steuerberg wurde der Krämer und Wirt Wolfgang Petritz gewählt, der schon seit 1850 Steuerberg im Feldkirchner Gemeinderat vertreten hatte.

Damit lag Steuerberg durchaus im Trend, denn auch in vielen anderen Landgemeinden standen oftmals nicht Bauern, sondern Gewerbe-treibende v. a. aus den Wolfgang Petritz

Bereichen Gastronomie und Handel an der Spitze der Gemeindeverwaltung.

Petritz gehörte von 1873 bis 1882 auch dem Kärntner Landtag an und vertrat darin zunächst die Landgemeinden des politischen Bezirks St. Veit, ehe er 1878 in seinem eigenen Wahlkreis (Klagenfurt, Feldkirchen, Rosegg) wiedergewählt wurde.

Der erste Gemeindevorstand

Dem ersten Gemeindevorstand von Steuerberg gehörten neben Petritz die Bauern Mathias Spieß vlg. Strußnig in Pökelitz, Josef Reiterer vlg. Fastl in Köttern und Thomas Stich vlg. Unterer Hundsdorfer in Regenfeld an. Auch im Gemeinderat saßen ausschließlich Bauern.

Selbständiges Steuerberg

Die vollständige Verselbständigung Steuerbergs ließ allerdings noch einige Zeit auf sich warten.

Erst im Jahre 1869 konnte nämlich die Kärntner Landesregierung einen erbittert geführten Streit um die Vermögensteilung zwischen Feldkirchen und Steuerberg gütlich beilegen. Im Bezirk Feldkirchen waren die Steuerberger die Vorreiter einer immer mehr um sich greifenden Revolte der Landbevölkerung, die zu zahlreichen Gemeindetrennungen führte.

Nach ihnen verselbständigten sich in weiterer Folge auch die Gemeinden Gnesau, Waiern, Ossiach und Glanhofen. Gebietsmäßig hat sich Steuerberg seit 1866 nur noch wenig verändert.

Kleine Veränderungen

1923 wurde der südlichste Teil der Katastralgemeinde Wachsenberg an die Gemeinde Waiern angeschlossen.

Im Zuge der Gemeindestrukturreform des Jahres 1972 schließlich erhielt Steuerberg kleine Teile der Katastralgemeinden Dragelsberg und Wullroß von den Gemeinden Himmelberg bzw. Weitensfeld.

Das Wahlrecht

Bis zum Jahre 1918 blieb das Gemeindewahlrecht auf Grundbesitzer und Gewerbetreibende beschränkt. Dieser Schicht entstammten auch die Bürgermeister, welche in der Endzeit der Monarchie und in der Ersten Republik durchwegs dem 1886 gegründeten Kärntner Bauernbund (seit 1922: Landbund) angehörten.

Es waren dies: Wolfgang Petritz 1866 - 1883

Engelbert Thomaschitz 1883 - 1886

Karl Petritz 1886 - 1889

Andreas Michenthaler 1889 - 1892

Karl Petritz 1892 - 1908

Franz Zwischenberger 1908 - 1910

» Bilder Franz Kampl 1910 - 1938

Im Jahre 1920 fand die erste Gemeinderatswahl nach dem allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlrecht statt. Bis zum Jahre 1924 saßen nur Landbündler im Gemeinderat, 1924 zogen zwei, 1928 drei und bei der letzten Gemeinderatswahl der Ersten Republik im Jahre 1932 vier Sozialdemokraten in das aus 16 Mandataren bestehende Gemeinde-parlament ein.

Ständestaat / NS-Zeit

In der Zeit des Ständestaates amtierte Karl Steiner als kommissarischer Bürgermeister. Auch die Bürgermeister der NS-Zeit wurden nicht gewählt, sondern ernannt (Josef Schnitzer 1938-1941, Andreas Michenthaler 1941-1945).

Nachkriegszeit

Im Jahre 1945 wurde der Gemeinderat zunächst aufgrund der Stärkeverhältnisse der demokratischen Parteien des Jahres 1932 zusammengesetzt, ab Jänner 1946 aufgrund der Ergebnisse der Nationalratswahl vom Dezember 1945.

1950 - 1997

Nach der Gemeinderatswahl des Jahres 1950 gab es lange Zeit ein sehr labiles Kräfteverhältnis zwischen den Parteien. Nachdem das Amt des Bürgermeisters 1964 unter turbulenten Begleitumständen an die SPÖ gefallen war, dominierte diese ab 1970 für drei Legislaturperioden auch den Gemeinderat.

Seit 1985 ist wieder die OVP die stimmen-, seit 1991 auch die mandatsstärkste Partei.

Liste der

Bürgermeister

seit 1945

» Bilder Max Zitterer (ÖVP) 1945 - 1950

Willibald Blasge (VDU) 1950 - 1954

Max Zitterer (ÖVP) 1954 - 1958

Johann Thaler (ÖVP) 1958 - 1964

Otto Hinteregger (SPÖ) 1964 - 1984

Johann Niederbichler (SPÖ) 1984 - 1985

Karl Petritz (ÖVP) seit 1985

Letzterer wurde im Jahre 1991 bei der ersten Direktwahl eines Bürgermeisters mit 62 % der Stimmen im ersten Wahlgang in seinem Amt bestätigt und 1997 wiedergewählt.

Wachsende Aufgabenfülle

"Die Grundfeste des freien Staates ist die freie Gemeinde". Entsprechend diesem Grundsatz in der Einleitung des provisorischen Gemeindegesetzes vom Jahre 1849, wurden den Gemeinden zahlreiche Aufgaben in ihre Selbstverwaltung übertragen.

Zwischen der ständig wachsenden Fülle an Aufgaben und den finanziellen Mitteln, die dafür zur Verfügung standen, klaffte jedoch in Landgemeinden wie Steuerberg stets ein großes Loch.

Ein wichtiger Aufgabenbereich für die Gemeinden lag im 19. Jahrhundert noch im Bereich der Ortspolizei. Dieser Begriff war damals noch weit gefaßt.

Der Heiratskonsens

Ein gutes Beispiel ist der Heiratskonsens. Vor 1848 mußte die Grundherrschaft einer Eheschließung von Besitzlosen zustimmen, nun ging dieses Recht auf die Gemeinde über, die auch alle Fragen der Dienstbotenordnung und der Dienstbotenbücher übertragen bekam.

Die Baupolizei

Auch die Baupolizei wurde in weiten Bereichen Gemeindesache, auch wenn man angesichts des Fehlens älterer Bauakten glauben könnte, daß dies früher nicht so gewesen sei.

Die Volksschule

Mit dem Reichsvolksschulgesetz des Jahres 1869 wurden die Gemeinden Schulerhalter der vorher konfessionellen Volksschulen. Aus dem Gemeindeausschuß wurde nunmehr ein Ortsschulrat gewählt, der bis weit ins 20. Jahrhundert eines der wichtigsten Gemeindegremien war.

Er war nicht nur zuständig für den Neubau, die Erhaltung und Dotierung der Schule, sondern auch für Fragen der Organisierung und der Unterrichtssprache.

Straßen

Auch im Bereich der Straßenpolizei und Straßenerhaltung wird deutlich, daß die Gemeinde 1850 in die Nachfolge der Grundherrschaft trat, denn sie übernahm nun auch das Mittel der Robot für Erhaltungsarbeiten an Gemeindestraßen.

Im späteren 19. Jahrhundert erfolgte dann meist eine erste Kategorisierung der Verkehrswege und ihre Einteilung in Gemeinde-, Ortschafts- und Einschichtwege. Daneben hatten die Gemeinden von Anfang an noch eine Fülle weiterer Aufgaben, wie z. B. die Landwirtschaftsförderung (man denke etwa an den "Gemeindestier" ), die Organisierung des Marktwesens usw.

Die Einnahmen im Gemeindehaushalt

Die Einnahmen im Gemeindehaushalt stammten bei einer Landgemeinde wie Steuerberg bis weit ins 20. Jahrhundert hinein fast ausschließlich aus dem Bereich der Grundsteuer. Zuschüsse aus Landes- und Staatsmitteln für konkrete Projekte gab es schon vor dem Ersten Weltkrieg; in der Wirtschaftskrise und Finanzkrise der Zwischenkriegs-zeit waren die Gemeinden allerdings gänzlich auf sich selbst angewiesen.

Das Gemeindeamt

Das Gemeindeamt befand sich in Steuerberg zunächst jahrzehntelang im Wohnhaus des jeweiligen Bürgermeisters (nach der Gemeindegründung somit beim vlg. Kreuzkramer, heute: Gasthaus Steiner).

Nach dem Schulhausneubau zog das Gemeindeamt um 1893 als Mieter in die Schule ein. Für den Neubau der Schule unter Bürgermeister Andreas Michenthaler mußte ein langjähriger Hypothekarkredit aufgenommen werden, der für weitere kommunale Bauvorhaben lange keinen Spielraum ließ.

Erst ab 1924 gab es Pläne zur Errichtung eines Gemeindearmenhauses, in dem auch die Gemeindekanzlei untergebracht werden sollte. Ohne Landeszuschuß war an eine Verwirklichung jedoch nicht zu denken.

Ab 1930 war als Bauplatz das Areal des Schulgartens vorgesehen. Das Bauholz war schon vorhanden, 1934 mußte das Projekt aber wegen der allgemeinen Wirtschafts- und Finanzkrise, die auch den Gemeindehaus-halt schwer belastete, abgeblasen werden.

Mit dem Kaufvertrag vom 13. März 1940 erwarb die Gemeinde schließlich - wohl aus Mitteln eines reichsdeutschen Kommunalkredites samt verlorenem Zuschuß - das Anwesen vlg. Kirchenkramer und baute es zum Gemeindehaus um.

Für rund ein halbes Jahrhundert war das Gemeindeamt in diesem massiven Bau aus dem 19. Jahrhundert untergebracht.

Verbesserung der kommunalen Infrastruktur

Erst ab der Mitte der sechziger Jahre gelang es der Gemeinde Steuerberg - hauptsächlich durch Bedarfsmittelzuweisungen seitens des Landes - mit einer Reihe von Projekten die kommunale Infrastruktur grundlegend zu verbessern (Ausbau und Asphaltierung der Gemeinde-straßen, Ankauf von Seegrund und Bau eines Gemeindebades, Erweiterung des Friedhofes und Bau einer Aufbahrungshalle, Errichtung kommunaler Wasserversorgungsanlagen usw.).

In den achtziger und neunziger Jahren wurde das neue Gemeinde-zentrum errichtet, beide Volksschulen saniert und erweitert sowie zwei neue Kindergärten gebaut. Auch die Sportanlagen wurden modernisiert und erweitert.

Neue Wohnungen

Auf Anregung der Gemeinde haben in den letzten Jahren gemeinnützige Bauträger (Neue Heimat, Kärntnerland) zahlreiche Wohnungen in Steuerberg und Wachsenberg errichtet. Auf Initiative von Frau VD Waltraud Petritz bestand schon seit 1996 eine Partnerschaft zwischen der VS Steuerberg und der VS Colugna (Gem. Tavagnacco). Im Jahre 1998 wurde diese auf die Gemeinden selbst ausgedehnt.

Tavagnacco - Steuerbergs Partnergemeinde

Die Steuerberger Partnergemeinde Tavagnacco ist seit 1946 selbständig, liegt nördlich von Udine, umfaßt 15,25 km2 und hat ungefähr 12.000 Einwohner.

Die Partnergemeinde in Friaul übertrifft Steuerberg hinsichtlich Größe und wirtschaftlicher Bedeutung um ein Vielfaches. Im Gemeindegebiet gibt es über 1000 Betriebe, darunter Großbetriebe der Nahrungs- und Konsumgüterindustrie sowie zahlreiche große Handelshäuser.

Jubiläumsjahr 2001

Im Jubiläumsjahr 2001 sollen eine ganze Reihe kommunaler Projekte in Angriff genommen werden.

Die Planung der Ortskanalisation ist im Gang, durch eine zentrale Umweltinsel soll die Abfallentsorgung neu geregelt werden.

Die Ortsdurchfahrt in Steuerberg wird neu gestaltet und mit einem beidseitigen Gehweg ausgestattet.

Als Probelokal für die zahlreichen Vereine wurde von der Gemeinde das "Riegerhaus" angekauft.

Am Wachsenberg wird ein Eislaufplatz und eine Ringerarena am Gelände um das Mesnerhaus errichtet werden.

Rund um den Goggausee wird ein von der ARGE Naturschutz gestalteter Naturlehrpfad eingerichtet, der den Besuchern die Besonderheiten dieses einzigartigen Landschaftsschutzgebietes erklären soll.

Die Burgruine Steuerberg, das namengebende Wahrzeichen für die ganze Gemeinde wurde mit Zustimmung des Grundbesitzers unter Denkmalschutz gestellt. Ihr bemerkenswerter, jedoch gefährdeter Baubestand wird behutsam saniert und gefestigt werden.

An allen wichtigen Einfahrtsstraßen in die Gemeinde wurden Holzstraßenmonumente mit dem eingearbeiteten Gemeindewappen von Prof. Franz Kaplenig aufgestellt.

Als Mitglied des Vereins "Kärntner Holzstraße" ist die Gemeinde zusammen mit örtlichen Kulturträgern bestrebt, die Verwendung des natürlichen und vor Ort reichlich vorhandenen Baustoffes Holz zu verstärken und die Erhaltung historisch wertvoller Bausubstanz und regionstypischer Bauelemente aus Holz (Dächer, Balkone, Fassaden, Zäune, Hinweistafeln etc.) zu fördern.

Vor allem soll der Einsatz des Rohstoffes Holz der örtlichen bäuerlichen Bevölkerung zusätzliche Einkommensquellen erschließen (Biomasse als Energieträger, lokale Holzverarbeitung z. B. durch ein vor kurzem eröffnetes Kleinsägewerk).

Der Ortsbildpflege wird auch im Hinblick auf das neue touristische Leitbild verstärkt Aufmerksamkeit geschenkt.

Die Zukunft

Wlichtige Leitlinien für die Zukunft enthält das von den ORE-Arbeitsgruppen Steuerberg unter fachlicher Betreuung durch das Architektenbüro Lengger in Villach erstellte "Örtliche Entwicklungs-konzept".

Die Umsetzung der dort formulierten Zielvorgaben wird allerdings noch längere Zeit in Anspruch nehmen.

Ausgehend vom Entwicklungskonzept, welches auf die Gefahren einer zunehmenden Zersiedelung hinwies, ist ein neuer Flächenwidmungsplan in Ausarbeitung, der die weitere Entwicklung der Ortskerne fördern und strengere Richtlinien festlegen soll

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